Sektion Koblenz

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Reise der Jumelages Sektion Koblenz nach Südfrankreich
vom 27. September bis 07. Oktober 2014

1. Tag. Samstag 27.09.2014
Pünktlich um 7.40 Uhr trifft sich die Gruppe – verstärkt durch Mitglieder aus Walter Bergmanns Reisekreis – bei der Sparda-Bank am Koblenzer Hauptbahnhof. Unser altbewährter „Reisemarschall“ Walter Bergmann und unser erfahrener Bus-Steuermann Jörg (seine großen fahrerischen Qualitäten werden wir noch oft erleben) kümmern sich umsichtig um die richtige Platzierung von Passagieren und Gepäckstücken; dann geht es frohgelaunt und erwartungsvoll los mit einem komfortablen 3 – Achs – Reisebus der Firma Runkel zum heutigen Etappenziel Lyon.
Vormittags ein erster Picknickstopp an einem Rastplatz: nach Bergmannsart gibt es herzhafte Fleischwurst mit knusprigen Brötchen „auf die Faust“ und nach weiteren Fahrstunden kommt Bergmanns legendärer selbstgebackener Streuselkuchen auf die Parkplatztische; lecker!
Am frühen Abend planmäßige Ankunft im Best-Western-Hotel von Lyon, einem ordentlichen Hotel am City Rand  und nach kurzer Erfrischungspause geht es per Bus und per Pedes mit Stadtführerin Perine Saumier zu einer Besichtigungstour durch die Stadt.
Zunächst bietet uns Perine einen grandiosen Ausblick vom Fourvière-Hügel auf Lyon mit den großzügigen Alleen, schmalen Gassen, alten und modernen Gebäuden bis zum Rathaus und Opernhaus, Auf diesem schon vor 5000 Jahren besiedelten Plateau errichteten die Römer im 1. Jahrhundert nach Christi das Castrum Lugdunum (später Lyon), und am Ende des 19. Jahrhunderts wurde an gleicher Stelle im Stile des Eklektizismus, einem vielfältigen Stilmix, die Kirche Basilique Notre Dame gebaut, zu der auch gleich aus der Unterstadt herauf eine Standseilbahn geführt wurde.
Anschließend wandern wir gemeinsam durch die Altstadt am Fuße des Berges, die aus der Zeit des Mittelalters und der Renaissance stammt. Die Häuser staffeln sich aus Platzmangel schmal und hoch am Berghang hinauf, weil die Fluss-Niederung (die Fläche der heutigen „Neustadt“) noch sumpfiges Überschwemmungsgebiet der Rh
ône war.
Die Fassaden der Häuser waren straßenseitig auffallend schlicht (man zeigt seinen Reichtum nicht nach außen); die Innenhöfe waren dagegen prächtiger ausgestaltet und hatten meistens eine rückwärtige zweite Ausfahrt, damit die Fuhrwerke der Handwerker und Händler nicht wenden mussten.
Wir erfahren, dass der Reichtum der Stadt wesentlich auf der Herstellung und Verarbeitung von Seide beruhte. Begünstigend kam im 19. Jahrhundert die Erfindung des Jacquard-Webstuhls hinzu sowie die Ausdehnungsmöglichkeit der Stadt in der Ebene nach Trockenlegung und Eindeichung der Rh
ône. Obwohl die Seidenproduktion aus Kostengründen in Lyon komplett eingestellt wurde, konnten wir in der Altstadt vor einem Textilgeschäft noch einigen Seidenraupen bei der Arbeit zuschauen.
Mit vielen weiteren Informationen vollgestopft erreichten wir schließlich das „Grand Café des Négociants“, wo uns der Oberbürgermeister und ein 3-Gang-Menü erwarten. Nach einem guten Essen verlassen wir diese edle, mit ungewöhnlich prächtigen Wand- und Deckenelementen ausgestattete Restaurant – offensichtlich „die gute Stube der Stadt“ –  und wandern durch die festlich illuminierte Altstadt zurück zu unserem Hotel.
  
2. Tag. Sonntag 28. 09.2014
Nach dem Frühstück brechen wir auf, immer weiter nach Süden, Richtung Mittelmeer. Wir freuen uns sehr, als Walter ankündigt, außerplanmäßig am Pont du Gard einen Zwischenstopp einzulegen. Einfach überwältigend der Anblick dieses gewaltigen Aquäduktes – ganz besonders, wenn man sich bewusst macht, dass schon vor mehr als 2000 Jahren die Römer diese Anlage errichtet haben als Teilstück einer 50 km langen Wasserleitung zur Versorgung der Stadt Nîmes. Dieses Aquädukt ist circa 900 m lang, 50 m hoch und ist mörtellos aus Steinquadern zusammengefügt. Eine Meisterleistung römischer Ingenieurskunst.

Pont du Gard die Brücke von Avignon

Gegen Mittag erreichen wir die Stadt Avignon, die wir mit zwei Stadtführerinnen in zwei Gruppen besichtigen wollen. Leider erscheint am vereinbarten Treffpunkt an der berühmten Rhône-Brücke nur Jaqueline und zieht fröhlich mit der ersten Gruppe von dannen. Der Rest wartet und wartet und - kein Handykontakt; mehrere sich nähernde „verdächtig“ aussehende Personen erweisen sich nach beherzter Ansprache als Flopp! Schließlich platzt dem Walter der Kragen: „Sowas ist mir in meiner 20 – jährigen Reisepraxis noch nicht vorgekommen!“ Kurzerhand wird ein gerade vorbeikommendes Stadtbesichtigungszüglein geentert, und so erlebt auch diese „Lost Generation“ noch ihr spätes Glück: eine Stadtbesichtigung im Sitzen!
Beide Gruppen erfahren auf ihre Weise viele Einzelheiten über die bewegte Geschichte dieser schon von Griechen und Römern gegründeten Stadt, die im 14. Jahrhundert wegen verworrener Nachfolgestreitigkeiten fast 70 Jahre lang Sitz von 7 Päpsten war. Besonders eindrucksvoll der festungsartige Papstpalast, aber auch die Kathedrale, das Petit Palais und weitere Stadtpaläste, enge Gassen und der große zentrale Place d‘Horloge, auf dem das städtische Leben mächtig pulsiert. Auch der auf einem Felsplateau angelegte päpstliche Garten mit weitem Blick in die Rh
ône – Ebene wird in guter Erinnerung bleiben. Schließlich treffen beide Gruppen wohlbehalten und zufrieden wieder am Bus zusammen.
Unser Bus nimmt wieder Kurs nach Süden auf und wir landen endlich in unserem Zielort Cap d’Agde am Mittelmeer. Das  3 - Sterne – Hotel "Capao" wird nun für die nächsten 8 Tage unser fester Wohnsitz sein. Es ist freundlich, zweckmäßig, in einem munteren Farbdesign gestaltet und liegt gleich hinter den Stranddünen.
Unser erstes Abendessen wird allgemein für gut und schmackhaft befunden. Auf einer Tafel im Foyer können wir den Plan für die ganze Woche auf Französisch und Deutsch lesen. Das erwartet uns zum Beispiel gemäß Originalauszug aus der Speisekarte:

                       
Di.: … pökelt Kuchen von Süd
                       
Do.: …Gulasch mit Stier Reis
                       
Sa.: … Mozzarella – Ochse, Gebrannt Fleisch.

Hauptsache: es hat geschmeckt!
Für ganz Unermüdliche hat Walter nach dem Abendessen noch eine Nachtwanderung am Strand angesetzt. Ganz schön romantisch – aber für manche Reiseteilnehmer auch ganz schön ungewohnt an den Füßen.

3. Tag. Montag, 29.09.2014

Ein Tag zur freien Verfügung! Könnte ein schöner Badetag am Strand oder Swimmingpool werden! Aber in der Nacht werden viele von uns geweckt durch tosende und prasselnde Geräusche: ein Orkan rast über das Küstengebiet. Im Frühstücksraum wackeln die Ganzglas-Wände und auf dem Fußboden stolpern wir über nasse Handtücher: es tropft von der Decke – Sturmschäden am Dach.
Vormittags versuchen kleinere Gruppen in Regenpausen einen Strandgang; nachmittags klart das Wetter auf, sodass wir unter Führung von Walter in einer größeren Gruppe zum schönen Yachthafen wandern können, mit tausenden von Schiffen, umgeben von tausenden Appartementwohnungen. Auch wenn der Sommerbetrieb hier bereits zu Ende ist, laden noch etliche Boutiquen und Bistros zu einem Kaffee, einer Sangria oder zum Shoppen ein.
Am Abend ist das Unwetter wieder da und auch die Handtücher finden sich wieder auf dem Fußboden!
Nach dem Essen stellt Walter uns Regine Löwe vor, unsere Reiseleiterin für die nächsten fünf Tage. Ihre erste Amtshandlung besteht in einem Tauschvorschlag der Programmpunkte vier und acht: Aufgrund von Fernsehberichten wurde bekannt, dass in der nahe gelegenen Stadt Montpellier höchster Katastrophenalarm (Gefahrenstufe „rot“) ausgerufen wurde. Die Stadt steht in weiten Bereichen unter Wasser, also ist es sinnlos, morgen- wie ursprünglich geplant-  gerade dorthin zu fahren.

Erholungspause im Yachthafen von Cap d'Agde Canal du Midi: die Schleusen von Fonseranes

4. Tag. Dienstag, 30.09.2014

Um dem hiesigen Unwetter auszuweichen, fahren wir hoffnungsvoll südwärts nach Perpignan. Fehlanzeige: auch dort regnet es in Strömen! Unterwegs lernen wir unsere Reiseleiterin Regine näher kennen: Sie ist eine Deutsche, wohnt seit 30 Jahren in Frankreich, hat Kunstgeschichte in Deutschland und Frankreich studiert und besitzt die Lizenz als Reiseleiterin für ganz Frankreich. Was wollen wir mehr! Von ihr erfahren wir unterwegs viele Einzelheiten über die Jahrhunderte dauernden Unabhängigkeitsbestrebungen der katalanischen Region, deren Hauptstadt Perpignan ist (im 13./14. Jahrhundert sogar Hauptstadt des Königreichs Mallorca). Die endgültige Angliederung dieser noch immer etwas „aufmüpfigen“ Stadt erfolgte erst im 17. Jahrhundert. Heute gibt es hier viele Weinhandelshäuser und einen riesigen internationalen  Umschlagplatz für spanisches Obst und Gemüse. Nach unserer Ankunft besichtigen wir zunächst die Kathedrale Saint-Jean, romanisch begonnen – gotisch vollendet, was am äußeren Mauerwerk gut ablesbar ist. Im Inneren der Hallenkirche befinden sich viele Altäre und Skulpturen von der Gotik bis zum Barock. Unter Regenschirmen geht es weiter zur Loge de Mer, dem ehemaligen Seegericht (jetzt Rathaus), dann zum Castillet (ehemaliges Stadttor) und zum Place Arago. Kleine Freizeitpause für eigenen Bummel durch die Stadt.
Am Nachmittag umrunden wir mit dem Bus die große Meeresbucht des Étang Barcarès und fahren in der Nähe von Béziers zu einem Teilabschnitt des Canal du Midi. Der 260 km lange Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Atlantik ohne Seeweg rund um Spanien. Dieser für undurchführbar gehaltene Plan wurde im Jahre 1684 nach 18 – jähriger Bauzeit mit 15000 Arbeitern verwirklicht. Planung und Bauleitung lag in den Händen des genialen Ingenieurs Pierre-Paul  Riquet. 60 Schleusen und 120 Brücken waren erforderlich. Die große wirtschaftliche Bedeutung erlosch erst als die Eisenbahn einfacher und billiger transportieren konnte. Nun ist der Kanal UNESCO – Weltkulturerbe und ein Dorado für Freizeitschiffer. Wir haben Gelegenheit, die Durchschleusung eines Ausflugsbootes mit Hilfe von acht kaskadenartig hintereinander gestaffelten Schleusenbassins zu beobachten und sehen, wie es anschließend in 20 m Höhe auf einem Aquädukt über den Fluss Orb geleitet wird. Weiterfahrt entlang des Canal du Midi.
Nach Rückkehr zum Hotel wagen sich einige kühne Schwimmer unserer Gruppe in die noch immer mächtig aufgewühlte Meeresbrandung – ein tolles Badeerlebnis!

5. Tag. Mittwoch 01.10.2014

Das Tagesmotto lautet: „Fahrt um das Bassin de Thau“.
Auf der Fahrt zu unserem ersten Zielort Sète gibt uns Regine ausführliche Informationen zum allgemeinen Verwaltungsaufbau der französischen Polizei. Hier nur kurz:
3 – stufige Organisation:

            1. Police municipale, unbewaffnete Ordnungshüter, die dem Bürgermeister unterstehen.
           
2. Police nationale, zuständig für allgemeine Sicherheit, die dem Innenminister unterstellt ist.
           
3. Gendarmerie nationale, für Sicherheit an den Außengrenzen, die dem Verteidigungsministerium untersteht.

Nach Ankunft in Sète befördert uns der Bus zunächst auf den Mont Saint Clair, von dem wir eine unglaublich tolle Aussicht auf die strategisch günstig liegende Stadt, auf einer Landzunge zwischen Mittelmeer und dem Bassin de Thau, haben. Wir können uns einfach nicht satt sehen, aber programmgemäß müssen wir weiter. Zu Fuß geht es entlang des hier ins Mittelmeer mündenden Canal du Midi in die Altstadt. Die Entwicklung der Stadt Sète wurde nach Fertigstellung dieses Kanales, der das Mittelmeer mit dem Atlantik verbindet, sehr begünstigt. Hier gab es die größte Fassproduktion Frankreichs, es gibt noch immer Frankreichs größte Fischereiflotte, zunehmend wichtig ist der Containerhafen. Wir schlendern durch quirlige Gassen zur Markthalle und fassen Proviant für die Mittagsjause.

Canal de Sète ein Austern-Ensemble

Weiterfahrt um das Bassin de Thau. Auf abenteuerlichen Feldwegen erreichen wir einen Austernzuchtbetrieb. Dank der guten Übersetzungsfähigkeit von Regine können wir gut den Erläuterungen des französischen Chefs folgen, der Aufzucht und Verarbeitung von Austern demonstrierte und auch nicht vergaß, die Vorteile der Mittelmeerauster gegenüber der konkurrierenden Atlantikschwester hervorzuheben. Und dann gibt es endlich, worauf unsere Austern-Fans schon lange lauern: Austern satt für alle und Wein! Mit aufmunternder Zuwendung von „Kennern“ wurden sogar einige „Verweigerer“ zu Erstessern verführt!
Ein weiteres Zwischenziel ist der wunderschöne kleine Ort Pézenas. Er war im 16. Jahrhundert Regierungssitz der Region Languedoc: schmale Gassen, prächtige Adelshäuser mit schönen Innenhöfen, das ganze Programm: Romanik – Gotik – Renaissance – Barock - … Auch hier wären wir gerne noch geblieben, aber schon ruft der nächste Termin.
Wir fahren weiter zum Kloster Fontfroide. Unterwegs erfahren wir von Regine, welch grausame Auseinandersetzungen hier in Südfrankreich zwischen papsttreuen Truppen des Königs und den „abtrünnigen“ Katharern stattfanden. Die Glaubensbewegung der Katharer entwickelte sich aus Protesten gegen die nach ihrer Meinung zu dogmatische Auslegung der Bibel seitens der Amtskirche. Dagegen setzten die Katharer ihre eigenen Dogmen:

- Es gibt auf der Welt nur „das Gute“, das ist der göttliche Geist und „das Böse“, das ist alles  Materielle (also auch der Mensch).
- Es gibt kein „Jüngstes Gericht“.
- Jesus, Sohn Gottes, ist nicht Mensch geworden, sondern eine Geist – Erscheinung.
- Der Mensch „optimiert“ sich durch aufeinanderfolgende Reinkarnationen bis hin zur Vervollkommnung des Geistes und wird letztlich Eins mit Gott.
- Hilfreich auf diesem Wege sind auserwählte, extrem asketisch lebende „Erleuchtete“, die „Parfaits“.

Da sich dieses Gedankengut im ganzen Süden Frankreichs während des 11. Und 12. Jahrhunderts wie ein Lauffeuer verbreitete, sahen sich König und Kirche gezwungen, hart dagegen vorzugehen. Mit diesen Kreuzzügen brachten sie 50 Jahre lang Tod und Zerstörung über dieses Land. Trauriger Höhepunkt war im Jahre 1209 die Ermordung von 20 000 Katharern in der Stadt Béziers. Der päpstliche Legat soll dazu gesagt haben: „Tötet sie alle, Gott wird die Seinen erkennen“. Das war der Beginn der Jahrhunderte dauernden Inquisition.

Zurück ins Heute:
Vorbei an der so friedlich daliegenden Stadt erreichen wir nun die in einem stillen Seitental liegende Abtei Fontfroide. Sie wurde 1093 von Benediktinern gegründet und später von Zisterziensern umgewidmet. Unter Bernhard von Clairveaux wurde das Kloster zur „Umerziehungsanstalt“ für ketzerische Katharer gemacht.
Unter der Leitung einer sehr sachkundigen Führerin erkunden wir die weitläufigen Anlagen. Das Kloster war von Anfang an so konzipiert, dass es sich mit eigenen Mitteln versorgen und erhalten konnte. Wir sehen die Räume der Mönche und der Laienbrüder, Refektorium, Dormitorium, den besonders schönen Kreuzgang und die eindrucksvolle Klosterkirche – alles in fast rein romanischer Bauweise (manchmal mit einem Hauch von Gotik). Nicht zu vergessen: der Rosengarten mit 2500 Rosenstöcken.
Genug der schönen Steine – ein Bad im Meer nach Rückkehr zum Hotel hat auch was!

beeindruckende Rosen Blick auf den Stadt Carcassonne

6. Tag. Donnerstag, 02.10.2014

Der heutige Tagesschwerpunkt ist die Stadt Carcassonne. Auf der Fahrt dorthin erzählt uns Regine allerlei über französische Lebensart, über Essen und Trinken im Land der Haute Cuisine mit seinen Wein- und Schlemmerparadiesen, wie z. B. Champagne, Burgund, Bordeaux, Périgord oder Languedoc. Wir lernen die Herstellungsmethoden von Roquefort – Käse (aus der Cevennen – Landschaft von Millau) kennen und wissen nun mehr über französischen Weinanbau.
Zwischenzeitlich nähern wir uns der Stadt Carcassonne. Um einen plastischen Gesamteindruck zu gewinnen, dirigiert Regine unseren Bus zunächst auf einen benachbarten Hügel. Da liegt die ganze Stadt prächtig wie auf einer Bühne vor uns mit ihrem doppelten, turmbewehrten Mauerring, der Kathedrale und der inneren Burganlage. Hier, wie überall an strategisch wichtigen Stellen, waren wieder mal Römer die ersten Siedler (erkennbar an Teilen der Stadtmauer). Zur Zeit der Kreuzzüge war Carcassonne Fluchtburg der Katharer, deren Gedankengut ansatzweise im 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen wurde, z. B. bei den Wanderbünden, in den Arier – Bewegungen oder bei Richard Wagner. Die spätere Entwicklung der Stadt fand aus Platzgründen in der Ebene unterhalb des historischen Ortes statt, der langsam verfiel. Daher sollten die Mauern im 19. Jahrhundert mit behördlicher Anordnung geschleift werden. Erst in letzter Minute konnte der Architekt Viollet le Duc den Abriss verhindern und gleichzeitig eine große Sanierungsaktion starten.
Wir erobern nun zu Fuß diese für uneinnehmbar gehaltene Stadt, die aber heute nur noch von Touristenheeren besetzt ist, und bahnen uns mühsam einen Weg durch romantische Gassen bis zur Basilika Saint Nazaire. Wir empfinden sehr deutlich den harmonischen Übergang des massiven, romanisch geprägten Westteils der Kirche zum lichtdurchfluteten, hochaufragenden gotischen Querschiff mit Altarraum. Überhöht wird dieser wunderbare Gesamteindruck als auch noch Chorgesang einer Männergesangsgruppe einsetzt. Noch ein gemeinsamer Abstecher zur stadtinternen Burg. Die Herrscher mussten sich nicht nur gegen äußere Feinde verteidigen, sondern auch gegen die eigenen oft aufmüpfigen Bürger; eine Festung in der Festung. Die heutigen touristischen „Belagerer“ stürzen sich aber lieber auf die vielen Bistros und Pizzerien – so auch wir.
Am Nachmittag fahren wir in das Weinbaugebiet Corbières, einem Teil der Großregion Languedoc. Unterwegs kleine Staatsbürgerkunde mit Regine. Hier in aller Kürze: Frankreich ist flächenmäßig rund um ein Drittel größer als Deutschland, hat aber circa ein Drittel weniger Einwohner, d. h. es ist relativ dünn besiedelt. Das Parlament wird mit Mehrheitswahlrecht gewählt, an dessen Spitze der in Direktwahl bestimmte Präsident steht. In Frankreich existiert derzeitig die 5. Republik seit der Revolution 1789. Gegliedert ist das Land in 36000 Gemeinden, 102 Departements und 22 Regionen (vergleichbar mit unseren Bundesländern).
Die Schulbildung ist 3 – stufig gegliedert: Grundschule, Sekundarstufe. Sekundarstufe II mit Abiturabschluss (Baccalauréat). Die akademische Bildung ist 8 – stufig gegliedert (z. B. Doktorat = Abitur + 8). Neben den Universitäten gibt es noch die besonderen „Grandes Écoles“, wie die École Nationale d’Administration (ENA) oder die École Polytechnique. Es gibt keinen Numerus Clausus für die Zulassung zum Studium, jedoch nach dem 1. Jahr eine beinharte Auslese (80 % Durchfallquote).
In Frankreich besteht allgemeine einkommensabhängige Versicherungspflicht für die Renten- und Krankenversicherung (Sécurité sociale), welche die Grundversorgung der Bürger sicherstellt. Darüber hinaus gibt es die freiwillige private Zusatzversicherung (Mutuelle), ähnlich wie in Deutschland. Als Ausweis dient immer ein Microchip, auf dem alle relevanten Personendaten gespeichert sind.
Inzwischen sind wir in Ferrals-les–Corbières angekommen. Die hauptsächlich hier angebauten Rebsorten sind bei Rotwein Merlot, Grenache, Pinot und Syrah, bei Weißwein Chardonnay, Sauvignon und Grenache Blanc. Es werden vorwiegend Cuvée–Weine produziert. Zuckerzusätze sind verboten.
Die Winzerfamilie des Weingutes Ch
âteau  Maylandie empfängt uns freundlich. Wir werden in zwei Gruppen ausführlich über die hiesigen Weinanbaumethoden und über die anschließenden Kellerarbeiten informiert. Wir spüren: hier wird mit traditionellem Wissen und modernster Verarbeitungstechnik auf 23 Hektar ein hochwertiges Weinprodukt erzeugt. Auch unsere Kehlen spüren etwas. Durst! Endlich erfolgt nach der Theorie der lang ersehnte „praktische Teil“, die Weinverkostung. Sechs überwiegend trockene Weiß - und Rotweine (hauptsächlich Grenache und Syrah) werden uns angeboten, dazu jede Menge regionaler Käsesorten. Mit steigender Stimmung wächst auch die Sangeslust. Einige gesangserprobte Reiseteilnehmer bringen unsere Gruppe richtig in Schwung. Zum Schluss noch ein paar Fläschchen „für zuhause“, ergänzt durch leckere Gänseleber– und andere Pasteten, fahren wir leicht beschwipst zurück zum Hotel. Beim Abendessen fehlen einige, weil … !?

 unsere beiden Guides am Rande der Weinverkostung  die Klosteranlage in Saint-Guilhem-le-Désert

7. Tag. Freitag, 03.10.2014

„Gipfel, Höhlen, tiefe Schluchten“ steht heute auf unserem Programm, also viel Natur. Zunächst machen wir Halt bei der 1030 von Mönchen über den Fluss Hérault gebauten „Teufelsbrücke“. Für die damaligen Verhältnisse zwar beachtlich aber kein Vergleich zu dem 1000 Jahre früher von den Römern errichteten Pont du Gard. Ein Beispiel dafür, wie mühsam der technisch-wissenschaftliche Wiederaufstieg war nach dem totalen Verfall der Römischen Hochkultur. Weiter geht es, der Hérault-Schlucht folgend, hinein in das Cevennen-Massiv.
Als wir an einigen Maulbeerbäumen vorbeifahren, nimmt Regine dies zum Anlass, uns etwas über die Seidenproduktion zu erzählen, die früher ein bedeutender Erwerbszweig in dieser Region war. Die Blätter der Maulbeerbäume sind Futter für die Seidenraupen, von denen jede einen ca. 2000 m langen Faden produziert, der in den örtlichen Manufakturen zu feinen Seidenstoffen verarbeitet wurde. Es gab zwar viele Arbeitsplätze, aber die Arbeit war hart. Bevorzugt wurden Frauen. Da die Eier, aus denen die Raupen schlüpfen, sehr empfindlich sind und immer bei gleicher Temperatur gehalten werden müssen, wurden sie von Frauen so lange zwischen den Brüsten getragen „bis es kribbelte“. Leider konnte auch die Erfindung eines Bekämpfungsmittels gegen die Raupenkrankheit durch Louis Pasteur den Niedergang der Seidenproduktion in Frankreich nicht aufhalten, die ausländische Konkurrenz war einfach zu stark.
Wir erreichen nun das wunderschöne Bergdorf Saint-Guilhem-le-Désert, im Mittelalter bekannter Sammelpunkt auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostella, mit einem sehr idyllischen Marktplatz. Wir versorgen uns mit einem Stück regionalem Käse und Baguette und so gestärkt machen wir uns an die Besichtigung der ehemaligen Klosteranlage. Der Vorgängerbau stammt schon aus dem Jahr 800 und wurde später romanisch weitergebaut. Schweres Tonnengewölbe, wehrhaft, schlicht aber eindrucksvoll, schöne Bleiverglasungen aus verschiedenen Jahrhunderten. Im Verlauf der Religionskriege wurde das Kloster aufgegeben und nur noch die Kirche benutzt. Kurios: im Jahre 1900 kauften Amerikaner den kompletten Kreuzgang und bauten ihn Stein für Stein im New Yorker „Klostermuseum“ wieder auf.
Weiterfahrt zur „Grotte des Demoiselles“ (kein Schreibfehler, sondern der französische Name) einer Tropfsteinhöhle, die sich vor ca. 500000 Jahren gebildet hatte. Bei solchen Zeitspannen spielt die halbe Stunde, die wir auf unseren Führer warten müssen, kaum eine Rolle, zumal es vor dem Höhleneingang eine attraktive, sonnige Terrasse gibt. Es werden zwei Gruppen gebildet, die „Leichtgruppe“ für Gehschwache und „die harte“ für Kletterer. Beide Gruppen fahren mit einer Standseilbahn in einem Tunnel aufwärts zur eigentlichen Höhle. Die “Leichten“ gelangen auf bequemen Wegen an einen Aussichtspunkt, von dem aus sie einen guten Blick auf den wesentlichsten Höhlenabschnitt haben. Die „Harten“ kraxeln auf abenteuerlichen in den Fels geschlagenen Pfaden durch das Gewirr weiterer Höhlenbereiche mit ständig wechselnden Aus- und Durchblicken auf bizarre riesige Formationen von Stalagmiten und Stalagtiten. Wir fühlen uns wie in einer Traumwelt. Die außerordentlich effektvolle Ausleuchtung und eine dezente spährenhafte Hintergrundmusik tragen maßgeblich dazu bei. Wir passieren vielfach deutbare Gebilde, auch solche, die nach Meinung unseres Führers Damen und Herren „besondere“ Freude bereiten könnten. Als Krönung stehen wir schließlich vor einer majestätischen Madonnen-Skulptur, der die Höhle ihren Namen verdankt.
Nichts ahnend besteigen wir wieder unseren Bus. Schon kurze Zeit später befinden wir uns auf einer irren Achterbahn, der Passstraße über das Cevennen-Massiv zwischen Ganges und Lodève. Eine abenteuerliche Haarnadelkurve folgt der anderen. Unter allgemeinem Beifall meistert Jörg, unser Steuermann, sie alle mit Bravour. Die Aussichten in die Ferne wie auch die Absichten in die Tiefe der Talschlucht werden immer grandioser und die Ah- und Oh-Rufe häufen sich. An einem besonders schönen Rastplatz gibt es eine Verschnaufpause mit Schnaps für alle (außer Jörg). Irgendwann hat diese Kurbelei schließlich ein Ende und wir landen wohlbehalten wieder in der Ebene und in unserem Hotel. Dann „the same procedure as every day“, kurzes erfrischendes Bad im Meer, Abendessen, Abendspaziergang und/oder Absacker an der Bar.

8. Tag. Samstag, 04.10.2014

Heute haben wir ein Mammutprogramm zu bewältigen, die Städte Nîmes und Montpellier. Beide Regionen haben besonders hart unter den Jahrhunderte andauernden Religionskriegen gelitten. Und so nutzt Regine die Fahrzeit dorthin zu einem kurzgefassten Religionsunterricht.
Nachdem bereits im 12. Und 13. Jahrhundert die Glaubensbewegung der Albigenser in dieser Gegend auf fruchtbaren Boden gefallen war, verbreitete sich im 15. Und 16. Jahrhundert mehr und mehr der Protestantismus. Im „Augsburger Frieden“ wurde 1559 zwar einvernehmlich festgelegt: “Cuius regio, eius religio“ (d. h. die Religion des Landesherrn bestimmt automatisch die Religion seines Volkes). Für das große zentralistische Frankreich brachte dieses Postulat jedoch sofort große Probleme. Auch der zum Katholizismus übergetretene Hugenottenführer Heinrich von Navarra, der spätere König Heinrich IV, („Paris ist eine Messe wert“) konnte mit dem Frieden von Saint-Germain (Duldung des Protestantismus) keine dauerhafte Ruhe im Lande schaffen. Die zunehmenden harten Auseinandersetzungen gipfelten schließlich in der „Bartholomäusnacht“ von 1572, bei der allein in Paris über 3000 Protestanten ermordet wurden. Mit dem „Edikt von Nantes“ brachte Heinrich IV vorübergehend wieder Religionsfreiheit für das Land. Aber schon 1685 wurde diese von Kardinal Richelieu unter König Ludwig XIV erneut brutal beendet. 200 000 Hugenotten flohen unter Lebensgefahr nach England, Holland, Preußen und Hessen. Ein schwerer Verlust, besonders für die Hochburgen des Protestantismus Nîmes und Montpellier, die wir heute näher kennenlernen sollen.
Beiden Städten ist gemeinsam: sie sind keltisch-römischen Ursprungs, haben eine bewegte Geschichte hinter sich, stehen seit Jahrhunderten in wirtschaftlich-kulturellem Wettbewerb miteinander und bemühen sich mächtig auch in der Gegenwart „die Nase vorn zu haben“.
Zunächst rollen wir auf die Stadt Nî
mes zu, die römische „Colonia Nemausus“. Gleich am City-Rand passieren wir eine moderne halbkreisförmige Wohnanlage des japanischen Architekten Kisho Kurokawa, das „Colisée“. Dann entlang schöner Alleen zu den prächtigen Bassins der „Jardins de La Fontaine“, aus dem 18. Jahrhundert, mit Resten eines römischen Diana-Tempels. Das tägliche Brauchwasser der Stadt kam zur Römerzeit über einen Kanal aus 50 km Entfernung (Pont du Gard) nach Nîmes. Der Prokopfverbrauch lag bei 400 l täglich! (heute 225 l).
Durch eine schöne baumbestandene Allee wandern wir zum Zentrum der Stadt und erreichen das eindrucksvolle „Maison Carrée“, den besterhaltenen römischen Tempel überhaupt. Hier befand sich das Forum, früher umgeben von Wandelhallen. Im Jahr 1993 hat der Architekt Sir Norman Foster dem römischen Tempel als Pendant einen Museumstempel, das „Carrée d’Art“ gegenübergestellt. Eine großzügige Stahl-Glas-Konstruktion mit vorgelagerten schlanken Säulen und einer Freitreppe als Reminiszenz zu seinem berühmten Gegenüber. Kleine Imbisspause, dann geht es weiter durch Altstadtstraßen zum nächsten Highlight, dem römischen Amphitheater, das ebenfalls noch gut erhalten ist. Um die Gunst des Volkes zu gewinnen, spendierten die römischen Kaiser ihren Untertanen Festspiele mit Gladiatorenkämpfen, eine Art Wahlkampf. Gladiatoren waren entweder Sklaven oder „entbürgerte“ Bürger. Im Falle eines Sieges konnten sie ihre Freiheit wiedererlangen. Sie kämpften mit Schwertern, Messern oder Lassos auf Leben und Tod. Trainiert wurden sie in Gladiatorenschulen von Metzgern. Auch heute noch können sich hier bis zu 21.000 Zuschauer an Stierkämpfen berauschen oder Konzerten lauschen. Die Zeit drängt, wir müssen weiter. Bei der Ausfahrt passieren wir noch ein weiteres Beispiel moderner Architektur: den Appartement-Block des Architekten Jean Nouvel.
Am Nachmittag erreichen wir Montpellier. Wir fahren vorbei an dem 1982 von dem Architekten Ricardo Bofill im postmodernen Stil entworfenen Wohn- und Geschäftsviertel „Antigone“. Mühsam erkämpft sich unser Bus in dieser überaus geschäftigen Stadt einen Parkplatz nahe dem Kongresszentrum “Corum“. Durch die schöne Parkanlage „Esplanade Charles de Gaulle“ schlendern wir zum Herzen der Stadt, der „Place de la Comédie“. Obwohl nur ein normaler Samstagnachmittag: auf diesem Platz und den angrenzenden Altstadtstraßen tummeln sich Massen lebhafter und auffallend flott gekleideter Menschen. Es herrscht eine allgemein fröhliche Stimmung in der Stadt. Man(n) kann sich des Eindrucks nicht erwehren: es ist etwas dran an der Behauptung, dass in Montpellier die schönsten Frauen Frankreichs leben! Vorbei am Opernhaus „Comédie“ (erbaut 1888) schlagen wir uns durch zum 1757 errichteten „College de Chirurgie“ wo erstmals chirurgische Vorlesungen in einem amphitheaterartig ansteigenden  Hörsaal stattfanden. Durch elegante Einkaufsstraßen und Èinkaufsgassen, vorbei an der Kirche St Anne und dem gewaltigen neoklassizistischen „Palais de Justice“ erreichen wir den Triumphbogen, errichtet zu Ehren Ludwigs XIV. Eine kleine Gruppe marschiert noch weiter unverdrossen bis zur Place Royale und dem „Chateau d`Eau“ mit Aquädukt. Andere entdecken die Stadt aus der Perspektive des „Petit Train Touristique“ oder lassen es in einem der vielen Straßencafés gemütlich angehen. Jedenfalls sind alle zur vereinbarten Zeit voller positiver Eindrücke wieder am Bus. Wir sind uns einig: Montpellier ist eine tolle Stadt. Am Ende der Rückfahrt geht Regine unsere Reiseleiterin von Bord. Sie hat uns 5 Tage bestens geleitet und betreut, sowie über Land und Leute informiert. Dafür unseren herzlichen Dank.

kurze Verschnaufpause mit Schnaps das Meer bei unserem Hotel in Cap d'Agde

9. Tag. Sonntag, 05.10.2014

Tagesprogramm: „zur freien Verfügung in Cap d’Agde“
Ohne Termindruck und ohne „Anweisungen von Oben“ verteilen wir uns in lockeren Grüppchen bei strahlendem Sonnenschein am Strand. Die einen schlendern, Muschelschätzchen suchend, nach Westen bis zur Mündung des Flusses L’ Hérault, dem wir schon im Cevennen-Gebirge begegnet sind. Die anderen bevorzugen Cafés und Bistros der östlich gelegenen Hafencity. An dieser Stelle könnte eigentlich noch eine allgemeine Anmerkung zu unserem Urlaubsort nachgetragen werden:
Das Seebad „Cap d’Agde“ ist im Gegensatz zu dem landeinwärts gelegenen historisch gewachsenen Ort „Agde“ (bereits 600v.Chr. von Griechen gegründet) eine reine Retortenstadt. Sie wurde in den 1960er Jahren förmlich aus dem Boden gestampft, genau wie zur gleichen Zeit andere Seebäder zwischen Camargue und den Pyrenäen, wie La Grande Motte, Port Leucate, Port Barcanes oder St. Cyprien Plage. Ausgelöst wurde dieser gewaltige Bauboom durch eine damals stark wachsende Wohlstandsgesellschaft, in der immer mehr Franzosen mit dem eigenen Auto oder auch eigenem Boot Urlaub machen wollten. So wurden von überregionalen Entwicklungsgremien geeignete Strandzonen ausgewählt, an denen auf der Basis zentraler Planungskonzepte großräumige Ferienareale entstehen sollten. Die damaligen Zielsetzungen waren: optimale Verkehrserschließung für PKW-Fahrer, optimale autofreie Fußwegverbindungen mit Einkaufszonen, optimale Voraussetzungen für Bootseigner mit entsprechenden Hafenanlagen. Wer von uns aufmerksam durch Cap d’Agde gegangen ist, wird sicher gespürt haben, dass die gesetzten Ziele tatsächlich erreicht worden sind und auch heute noch Gültigkeit besitzen.
Nachmittags ist Schluss mit Landgang: Unseren letzten Tag sollten wir nicht nur am,  sondern auch im Meer genießen. Schwimmen bei freundlichem, leichtem Seegang – fantastische Reflexionen der Abendsonne auf den Wellen .... das bleibt in Erinnerung! Es folgt das – wie immer – gute Abendessen. Der obligatorische Abendspaziergang wird widerwillig durch Kofferpacken ersetzt und jeder von uns nimmt innerlich auf seine Weise Abschied von diesem in jeder Hinsicht guten Urlaubsplatz.

10. Tag. Montag, 06.10.2014

Motto: „Nordwärts“.
Unsere Koffer werden von Jörg im Bus verstaut und Walter „zählt die Häupter seiner Lieben“: ohne Schwund verlassen wir Cap d’ Agde in Richtung unserer 800 km entfernten Zwischenetappe Troyes. Unterwegs auf der großen Magistrale Paris-Mittelmeerküste sollen wir ein ganz besonderes bautechnisches Meisterwerk  zu Gesicht bekommen: den „Viaduc de Millau“. Diese ca. 4,2 km lange Schrägseilbrücke über den Fluss Tarn ist mit einer lichten Höhe von 270 m (Pylon-Höhe 343m) die höchste Autobahnbrücke der Welt. Bei noch gutem Wetter durchqueren wir zunächst auf der hervorragend trassierten Autobahn das Cevennen-Gebirge. Kurz bevor wir die Brücke erreichen wächst die Spannung auf den zu erwartenden großartigen Anblick. Aber dann, kaum zu glauben, sehen wir... nichts!! Die Brücke hat sich einfach vor uns total in einer dichten Nebelbank versteckt. Auch von einem besonders angelegten Aussichtspunkt lassen sich nur schemenhafte Umrisse der riesigen Pylone mit ihren harfenartig angeordneten Tragseilen erkennen. Ziemlich sauer fahren wir weiter. Das hat der Architekt Sir Norman Foster nun davon! Nicht einmal den originalen Roquefort-Käse konnten wir hier an seinem Ursprungsort kaufen. Aber der gesammelte Ärger  ist schon bald wieder verflogen als Walter an einem schönen Rastplatz unsere mitgebrachten Picknickschmankerln auftischt: Baguette und Käse satt für alle (Comte, Caprice de Dieu, St Albray). Dazu eine großzügige Spende aus Walters wohlsortiertem Weinkeller. Gesättigt und voll des guten Weines geht es nun zufrieden weiter in Richtung Troyes. Bei strömendem Regen beziehen wir unser Stadthotel. Eine architektonisch gut gelungene Umfunktionierung eines Tuchfabrikationsgebäudes in ein Nobelhotel. Das ausgezeichnete Abendessen wird im benachbarten originellen Restaurant „La Taverne de Maître Kanter“ eingenommen. Ein möglicher anschließender Abendspaziergang zur nahen Altstadt fällt wegen des anhaltenden Regens buchstäblich ins Wasser.
 
Viaduc de Millau im Nebel St. Madeleine in Troyes

11. Tag Dienstag, 07.10.2014

Bei trockenem Wetter werden wir von zwei freundlichen Stadtführerinnen, Claudine und Jaqueline (mit Hütchen) durch das Zentrum von Troyes geleitet. Die Stadt, deren Umriss verblüffend der Form eines Champagnerkorkens ähnelt (Zufall in der Region Champagne-Ardenne?!), ist keltisch-römischen Ursprungs und hat in der Zeit der Religionskriege als Hugenottenhochburg stark gelitten. Im Mittelalter war sie weit bekannt für ihre Handelsmessen. Später kam die Textilindustrie hinzu (z.B. Zentrale der Firma Lacoste), sowie Weinbau und Tourismus. Für uns Touristen gibt es wirklich viel zu sehen: zunächst das stattliche Rathaus (17. Jahrhundert) mit einer repräsentativen Säulenfront aus schwarzem Marmor. Weiter durch das Johannesviertel (1725 abgebrannt und komplett in schöner, schlanker Fachwerkbauweise wiedererrichtet). Dann hinüber zur Kirche St Madeleine, romanisch begonnen, spätgotisch vollendet. Wir bewundern besonders den Lettner (Altarabschluss) in schwelgerischem Flamboyant (letzte Stilstufe der Spätgotik) und die wundervollen Altarfenster aus dem 16. Jahrhundert. Auf diesen riesigen Fensterfronten wird die Erschaffung der Welt dargestellt. Die Szenen des Alten und Neuen Testamentes erscheinen hier in ganz besonders leuchtenden Farben („Grisaille-Technik“). Diese wird uns von Jaqueline im Einzelnen erklärt. Jedenfalls sind wir tief beeindruckt von diesem lichtdurchfluteten, farbigen Altarraum. Draußen verweilen wir kurze Zeit still in einer kleinen Gartenanlage, die zum „Gedenken an die ungeborenen Kinder“ geschaffen wurde. Durch das „Katzengässchen“ (so schmal, dass eine Katze von einer Straßenseite zur anderen springen kann) gelangen wir zu einem der vielen Patrizierhäuser. Typisch: reich gegliederte Innenhöfe mit drei Galeriegeschossen für Wohnzwecke, im Erdgeschoss Geschäftsräume und Lager des Händlers. Anschließend wechseln wir hinüber in das etwas einfacher gestaltete Viertel der Handwerker. Hier erklärt uns Jaqueline die Herkunft des Begriffes „Schwarzarbeit“: Früher durften die Handwerker aus Gründen der Qualitätssicherung nur bei Tageslicht arbeiten – wer widerrechtlich bei Dunkelheit und Kerzenlicht weiterarbeitete, arbeitete „schwarz“.
Dieses bislang weniger beliebte Viertel ist nun, nach konsequenter Sanierung, besonders angesagt, hauptsächlich bei Studenten und jungen Familien. Die Mieten sind verhältnismäßig gering, weil der Staat die Sanierungskosten mit 30-40% bezuschusst. Wir sehen auch ein schönes Kaufhausgebäude des 19. Jahrhunderts nach Pariser Vorbild und kommen vorbei an Bauobjekten unseres Jahrhunderts, wo versucht wird, mit modernen Methoden alte Fachwerkstrukturen neu zu interpretieren. Damit sind wir auch wieder im Hier und Jetzt, sowie am Ende der Führung angekommen. Mit Dank an die Damen mit und ohne Hütchen geht es zurück zum Bus und Richtung Heimat.
Dittmar von Schilling bedankt sich im Namen aller Mitreisenden bei unserem Steuermann Jörg für seine ausgezeichnete Fahrleistung mit einem entsprechenden Obolus. Ganz besonders herzliche Dankesworte richtet Dittmar an unseren guten Tour-Hirten Walter, der stets alle Klippen gemeistert hat und jedem seiner Herde jederzeit hilfreich zur Seite stand, wann immer „Not am Mann“ war. Eine große Kiste Austern wäre als Anerkennung wohl angemessen, aber wir hoffen, dass auch ein kleines Säckchen gesammelter Banknoten die Wirkung freundlicher Dankesworte aktiv unterstützen wird. Walter verabschiedet sich wie bei allen seinen Reisen ganz persönlich von jedem einzelnen Reiseteilnehmer. Dann wird es hektisch: das übliche Chaos bei der Ankunft in Koblenz (Menschen, Koffer, Taxis, ...). Kurz und gut: Es war eine klasse Tour! Oder neudeutsch: eine affengeile Sause!

Text: Gerd Schengel, Fotos: Manfred Henjes, Helga und Dittmar von Schilling